Zunehmend versucht die Finanzverwaltung, ihre Befugnisse erheblich zu erweitern. Eine dieser – äußerst umstrittenen – Maßnahmen ist der so genannte Flankenschutz. Danach sind Mitarbeiter der Finanzverwaltung befugt, bei Ihnen ohne Ankündigung anzuklingeln. Sie bitten darum, einen Blick in das von Ihnen geltend gemachte Arbeitszimmer werfen zu dürfen. Zwar sind Sie nicht verpflichtet, dem Finanzbeamten Zutritt zu Ihrer Wohnung zu gewähren. Allerdings setzt die Finanzverwaltung ganz massiv auf den Effekt der „Überrumpelung.“

Einen besonders dreisten Fall erlebte eine Steuerzahlerin, die erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machte. Denn plötzlich stand nicht ein „einfacher“ Finanzbeamter auf der Matte, sondern ein Mitarbeiter der Steuerfahndung. Er wies sich auch als solcher auswies, um sich im Rahmen des „Flankenschutzes“ ein Bild über das Vorhandensein und den Zustand des häuslichen Arbeitszimmers zu machen. Der Beamte betrat die Wohnung, da die Steuerbürgerin der Besichtigung nicht widersprach. Dort stellte er fest, dass ein häusliches Arbeitszimmer tatsächlich vorhanden war. Der Wohnungsgrundriss stimmte aber offenbar nicht mit dem überein, der dem Finanzamt vorlag. Unmittelbare negative Konsequenzen wurden indes nicht gezogen. Der Vermerk des „Flankenschützers“ endete mit dem Hinweis an den Veranlagungsbezirk, dass die Klägerin demnächst in die gegenüberliegende Wohnung ziehen werde und abzuwarten sei, welche Raumaufteilung sich dann ergebe.

Gegen die Ortsbesichtigung legte die Steuerzahlerin dennoch Einspruch und später Klage ein. Die unangekündigte Ortsbesichtigung sei rechtswidrig, weil sie unverhältnismäßig gewesen sei. Durch das Auftreten als Steuerfahndung sei eine Drucksituation aufgebaut worden. Dies wurde nicht abgemildert, dass der Steuerfahnder im Veranlagungsverfahren tätig sei. Für einen Laien seien diese Unterschiede nicht ohne Weiteres erkennbar. Im Ergebnis sei deshalb ihr gegenüber der Eindruck erweckt worden, es werde gegen sie wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Das Ansehen hierdurch wurde erheblich gefährdet.

Nicht von der Steuerfahndung einschüchtern lassen

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster die Klage als unzulässig abgewiesen, da es der Klägerin am notwendigen Feststellungsinteresse fehle (Urteil vom 11.7.2018, 9 K 2384/17). Zunächst bestehe keine Wiederholungsgefahr, da eine erneute Ortsbesichtigung in absehbarer Zeit nicht drohe. Auch ein Rehabilitationsinteresse aufgrund eines erheblichen Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre, der mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung einherginge, liege nicht vor.

Ein solcher Vorwurf sei allein durch den Besuch eines Steuerfahnders nicht verknüpft, da die Steuerfahndung nicht nur für strafrechtliche, sondern auch für steuerliche Sachverhaltsermittlungen zuständig sei. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Grundrecht auf Schutz der Wohnung berufen, da sie den Flankenschützer freiwillig in ihre Wohnung gelassen habe. Durch die Vorlage seines Dienstausweises habe er die Klägerin auch nicht über den tatsächlichen Anlass seines Besuchs getäuscht. Vielmehr habe er die Klägerin über den konkreten Zweck der Maßnahme – die Inspektion des häuslichen Arbeitszimmers – vor dem Betreten der Wohnung informiert.

Arbeitszimmer: Wenn der Steuerfahnder plötzlich klingelt
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